Das Bestattungswesen – mein erster Kulturschock

Schon vor einiger Zeit habe ich versprochen, dass ich einen Beitrag ueber das amerikanische Bestattungswesen verfassen werde. Nun ist es endlich soweit …

Bereits in Deutschland habe ich viel ueber Unterschiede und/oder Gemeinsamkeiten zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Bestattungswesen gehoert. Dass es jedoch SO anders ist, haette ich nicht gedacht.

Zu Beginn meiner Arbeitszeit war ich geschockt. Nach Ankunft in Amerika wurde ich immer wieder gefragt „und? hast du schon einen Kulturschock?“ …. ich muss sagen, dieser kam erst als ich das amerikanische Bestattungswesen kennen gelernt habe.

Ich werde nun versuchen, unter anderem mit Hilfe des Bestattungsgesetzes der verschiedenen Bundeslaender, einige Unterschiede herauszustellen, indem ich den Vorgang von der Nachricht eines Sterbefalls bis hin zur Erdbestattung bzw. Kremation beschreibe. Wenn es sich um das deutsche Bestattungshaus handelt, werde ich das Wort „Bestattunsghaus“ verwenden, handelt es sich um das englische, verwende ich den Begriff „Funeral Home“:

Ueberfuehrung eines Verstorbenen:
Nachdem die Nachricht ueber den Tod einer Person im Bestattungshaus eingegangen ist, machen sich die Mitarbeiter zu zweit auf den Weg um den Verstorbenen vom Sterbehaus in das Bestattungshaus zu ueberfuehren. Fuer den Transport eines Verstorbenen gelten besondere Vorschriften, zum Beispiel:
BestG Schleswig-Holstein, § 11 Leichenbeförderung, Abs. 2: „Die Beförderung von Leichen im Straßenverkehr zum Bestimmungsort ist mit dafür eingerichteten Sonderkraftfahrzeugen (Bestattungswagen) und ohne vermeidbare Umwege oder Unterbrechungen durchzuführen“ ;
BestG NRW, § 16 Beförderung, Abs. 2: „Bei der Beförderung Toter oder deren Asche ist die Todesbescheinigung oder eine der in § 15 Absatz 1 oder 2 aufgeführten Bescheinigungen mitzuführen.“
Auch ist einem Bestattungswagen der Fahrerraum durch eine Wand zum hinteren Sargraum getrennt.

In einem Funeral Home jedoch werden Bestattungswagen nur dann genutzt, wenn ein Sarg zu einem Friedhof gefahren wird. Fuer eine Ueberfuehrung wird beispielsweise ein  Quest benutzt, den man zum Transport umgebaut hat, indem man die Sitze hinten rausgenommen und stattdessen ein Brett hineingelegt hat, damit man die Ueberfuehrungstrage hineinstellen kann. Um zu verhindern, dass man in das Auto hineingucken kann, sind die Fenster verdunkelt. Der Grund dafuer liegt darin, dass man mit einem Bestattungswagen bei Ueberfuehrungen zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wuerde. In dem Quest ist die oben beschriebene Trennwand nicht vorhanden. Gerne wuerde ich mich auch hier auf ein Bestattungsgesetz beziehen, jedoch gibt es fuer Ueberfuehrungswagen keine besondere Anforderungen. Eine Todesbescheinigung wird, jedenfalls in Montana, auch nicht ausgestellt.

Ist man nun am Sterbeort angekommen, drueckt man zunaechst seine Anteilnahme aus. In Deutschland erhaelt man die Todesbescheinigung, die vom Arzt ausgefuellt wurde und kontrolliert sie auf ihre Vollstaendigkeit. Anschliessend erklaert man der Familie, dass man zurueck zum Auto gehen werde, um eine Trage, aehnlich wie die fuer Krankentransporte zu holen, um den Verstorbenen umzubetten. Vor dem Verlassen des Raumes ist es ueblich einen Moment Inne zu halten und sich vor dem Verstorbenen zu verneigen. Anschliessend verlaesst man das Sterbehaus und stellt die Trage mit dem Verstorbenen in den Bestattungswagen und faehrt schliesslich langsam zurueck zum Bestattunsghaus.

Die Abfolge der Abholung in Amerika ist aehnlich. Allerdings werden der Familie, bevor der Verstorbene umgebettet wird, einige Fragen gestellt. Bei jeder Ueberfuehrung hat man „Paperwork“ dabei. Auf diesem Papier muessen alle persoenlichen Daten des Verstorbenen und des Ansprechpartners  (meist naechster Angehoeriger) eingetragen werden und der Angehoerige muss diese Papiere unterzeichnen. Mit der Unterschrift wird bestaetigt, dass das Funeral Home die Ueberfuehrung vorgenommen hat und dazu befugt war. Hat man den Fragebogen beendet, geht man zurueck zum Auto, holt die Trage und bettet den Verstorbenen um. Anders als in Deutschland wird der Verstorbene direkt (ohne einen Moment der Stille) zum Auto gebracht. Eine Todesbescheinigung des Arztes gibt es nicht. Handelt es sich um einen natuerlichen Tod, ist der Arzt oder eine Krankenschwester zum Zeitpunkt der Ueberfuehrung anwesend. Handelt es sich um einen Tod mit ungeklaerter Todesursache, ist die Polizei vor Ort.

Das Beratungsgespreach
In einem Bestattungshaus ist es jedem Mitarbeiter erlaubt Beratungsgespraeche zu fuehren, solange er in der Lage ist, die Familie qualifiziert zu beraten, selbst wenn er keine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft gemacht hat. So fuehren in einem Bestattungshaus ueblicherweise der Chef und der groesste Teil seiner Mitarbeiter Trauergespraeche mit den Familien. Im Funeral Home ist es „normalen Mitarbeiten“ nicht erlaubt, die Familien in diesem Rahmen zu beraten. Um Beratungen machen zu duerfen, muss man eine Lizenz als „Funeral Director“ erworben haben. Diese erhaelt man durch einen Abschluss an einer „Mortuary School“. Diese Lizenz ist allerdings von Staat zu Staat unterschiedlich, sodass man beispielsweise mit einer Lizenz, die man in South Dakota erworben hat, nicht in Montana arbeiten darf. Zieht man also von SD nach MT muss man die MT-Lizenz erwerben, in dem man sich einem Test von ca. 100 Fragen stellt und ca. 100$ zahlt.
In einem Bestattungshaus koennen Gespraeche 1 bis 2 Stunden dauern, vielleicht sogar auch laenger. Im Funeral Home benoetigt ein Gespraech in etwa 1 Stunde oder weniger. Der Grund liegt darin, dass man in einem Bestattungshaus mehr fuer Familien organisiert als in einem Funeral Home. Wenn die Familie moechte, uebernimmt das Bestattungshaus zum Besipiel die Koordination der Termine fuer das Kaffeetrinken oder fertigt eine Blumenbestellung an und gibt diese in Auftrag. Diese Dinge werden allerdings nicht im Funeral Home uebernommen, die Familien organisieren dies selbst. Waehrend eines Beratungsgespreach muessen die Mitarbeiter die verschiedenen Bestattungsgesetze im Kopf haben wie z.B:
BestG NRW, § 13 Bestattungsunterlagen, Bestattungsfristen, Abs. 3: “ Erdbestattungen oder Einäscherungen müssen innerhalb von zehn Tagen durchgeführt werden. Die Totenasche ist innerhalb von sechs Wochen beizusetzen. Die örtliche Ordnungsbehörde kann auf Antrag von hinterbliebenen Personen oder deren Beauftragen sowie im öffentlichen Interesse diese Fristen verlängern. Liegen bei einer Erdbestattung innerhalb der Frist nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vor, so hat die Bestattung unverzüglich nach deren Eintritt zu erfolgen.“
In einem Funeral Home gibt es nicht viele Gesetze zu beachten. Eine Bestattungsfrist fuer Urnen z.B. gibt es gar nicht.
Es gaebe noch viele andere Dinge zu nennen, die sich innerhalb der Beratungsgespraeche unterscheiden, jedoch wuerde die Ausfuehrung zu sehr ins Detail gehen. Zwar sind es nur Kleinigkeiten, allerdings haben sie grosse Auswirkung auf den Inhalt und die Laenge eines Gespraeches.

Der „Papierkram“
Nach einem Beratungsgespraech in einem Bestattungshaus werden alle Daten und Informationen in den Computer eingegeben und in einem fuer das Bestattungsgewerbe entwickelte Programm zur Koordination aller Informationen und Termine gesichert. Mit dem Programm wird unter anderem die Sterbefallanzeige erstellt, die zusammen mit dem Familienbuch, dem Personalausweis des Verstorbenen und der Todesbescheinigung (ggf. noch weiteren Unterlagen) zum Standesamt des Ortes gebracht wird, in dem die Person verstorben ist. Dort werden dann die Sterbeurkunden erstellt und an den Bestatter ausgehaendigt, der diese dann an die Angehoerigen weiterleiten kann. In einem Funeral Home gibt es ein solches Computerprorgamm nicht (jedenfalls nicht in diesem hier). Hier werden Daten, wie beispielsweise das Geburts- und das Sterbedatum, im Internet eingegeben und so an das Standesamt weitergeleitet. Nach ein paar Tagen kann der Bestatter die Urkunden dann abholen. Die Verwendung eines Programmes ist hier nicht notwendig, da alle notwendigen Informationen in einer einzigen Mappe Platz finden. Ein solches Programm ist auch Vorteilhaft fuer das Erstellen verschiedener Formulare, die es aber in einem Funeral Home so nicht gibt. In einem Bestattungshaus hat man waehrend eines Beratungsgespraeches meist mehrere Ordner zur Hand, beispielweise Blumenkataloge, Sargkataloge, Urnenkataloge oder einen dicken Ordner mit Formularen, wie zum Beispiel die Einwilligung der Angehoerigen zur Einaescherung. Viele Bestattungshaeuser sind schon auf das Verwenden eines Tablets umgestiegen, um diese Ansammlung verschiedener Kataloge und Ordner zu vermeiden. In einem Funeral Home werden zwar keine Tablets benutzt, allerdings gibt es auch nicht viel Papier auszufuellen. Die einzigen Unterlagen, die von der Familie unterschrieben werden muessen, sind die Einwilligung zur Einaescherung (bei Kremation), die Einwilligung zur Einbalsamierung (bei Erdbestattung), sowie die Unterzeichnung der Kostenaufstellung, also Unterzeichnung des „Kaufvertrages“. Sobald der Funeral Director alle Informationen ueber den Verstorbenen aufgenommen hat, werden diese im Internet eingegeben und an das Standesamt weiter geleitet. Handelt es sich um eine Einaescherung muss das Funeral Home die Erlaubnis zur Einaescherung vom „Coroners Office“ erhalten. Erst wenn die Papiere da sind, darf eingeaschert werden. In Deutschland kuemmert sich meistens das Bestattungshaus um Abmeldungen, wie beispielsweise bei der Krankenkasse. Ein Funeral Home ubernimmt diesen Service nicht. Hier bekommen die Angehoerigen die Sterbeurkunden ausgeliefert, womit sie dann selbst Abmeldungen, z.B. KFZ o.Ae. vornehmen koennen.

Versorgung eines Verstorbenen
In einem Bestattungshaus wird jeder Verstorbene hygienisch Versorgt. Das bedeutet, dass Haare und Koerper gewaschen werden und auch Augen, Ohren, Nase und Mund gereinigt werden. Anschliessend wird der Verstorbene, meist mit persoenlicher Kleidung, angekleidet und in einen Sarg gebettet. In einem Bestattungshaus wird jeder Verstorbene hygienisch versorgt, egal ob Einaescherung oder Erdbestattung. In einem Funeral Home wird auf die hygienische Versorgung nicht allzu viel Wert gelegt. Handelt es sich um eine Kremation, wird der Verstorbene in einen Koerpergrossen langen Karton gelegt und so wie er ist, ohne jegliche Versorgung, in das Krematorium geschoben. Natuerlich weiss jeder, dass in Deutschland Krematorien nicht in den Bestattungshaeusern selbst vorhanden sind, sondern dass die Verstorbenen zur Einaescherung zu einem richtigen Krematorium gebracht werden. Im Funeral Home steht ein Ofen, der Platz fuer einen Verstorbenen bietet, in der Garage neben dem Bestattungs und Ueberfuehrungsfahrzeugen.
Handelt es sich um eine Erdbestattung, wird der Verstorbene einbalsamiert. Dieser Prozess wird auch in Deutschland angewandt, wenn Verstorbene zum Beispiel in Laender ueberfuehrt werden, die eine Einbalsamierung vorschreiben. In Amerika ist dies ein ueblicher Vorgang fuer eine Erdbestattung. Waehrend der Einbalsamierung werden der Koerper  und die Haare gewaschen, anschliessend wird der Verstorbene angekleidet und in einen Sarg gebettet.

Die Trauerfeier
In Deutschland gibt es verschiedene Moeglichkeiten fuer eine Trauerfeier.
– Vorfeier zur Einaescherung: Hier wird eine Trauerfeier am Sarg gehalten. Nach der Trauerfeier wird der Sarg in das oertliche Krematorium gebracht und eingeaeschert. Meistens erfolgt die Beisetzung der Urne zu einem spaeteren Zeitpunkt im engsten Familienkreis.
– Trauerfeier am Sarg oder an der Urne: Hier haelt man die Trauerfeier am Sarg. Nach der Feier wird der Verstorbene auf seinem letzten Weg zum Grab von der gesamten Trauergemeinde begleitet und schliesslich beigesetzt. Handelt es sich um eine Trauerfeier an der Urne, wird der Verstorbene vor der Trauerfeier eingeaeschert, sodass man zur Trauerfeier selbst die Urne im Mittelpunkt stehen hat. Nach der Trauerfeier erfolgt der gemeinsame Gang zum Grab, in dem die Urne dann beigesetzt wird.
– Beisetzung ohne Trauerfeier: Natuerlich kommt es auch vor, dass Familien keine Trauerfeier machen moechten. In diesem Fall trifft man sich mit dem engsten Familienkreis direkt auf dem Friedhof und setzt nach einer kurzen Rede durch einen Pastor oder des Bestatters den Sarg oder die Urne bei.
– anonyme Beisetzung: egal ob mit oder ohne Trauerfeier, in jedem Falle ist es auch moeglich, den Verstorbenen anonym beisetzen zu lassen.

Jede Trauerfeier ist individuell und immer anders, allerdings kann man ein „Grundmuster“ beschreiben. Meistens dekoriert der Bestatter durch Verwendung von Tuechern und Kerzen die Kapelle bzw Trauerhalle. Auch die Blumen, die sich die Angehoerigen waehrend des Beratungsgespraeches ausgesucht haben, werden zum Sarg/zur Urne gestellt. Zwar uebernimmt der Bestatter meist die Aufgabe des dekorierens, allerdings duerfen Familienmitglieder gerne helfen und/oder Wuensche aeussern, wenn sie denn moechten. Eine Trauerfeier dauert meist ca. 30 Minuten.

In einem Funeral Home gibt es eigentlich nur zwei Arten der Trauerfeier. Entweder eine Trauerfeier am Sarg oder an der Urne.
Wird eine Trauerfeier am Sarg gehalten, wird meistens vorher noch ein „Viewing“ gemacht, also eine Abschiednahme am geoeffneten Sarg. Zur Trauerfeier selbst wird der Sarg dann geschlossen, manchmal bleibt er aber auch waehrend der Feier geoeffnet. Anders als in Deutschland, haben alle Trauergaeste die Moeglichkeit, im Laufe der Trauerfeier Erinnerungen ueber die Verstorbene Person mit allen anderen zu teilen. Dafuer stehen die Gaeste einfach auf und erzaehlen. Dadurch kann ein ,wie man hier sagt „Service“, auch mehrere Stunden dauern. Nach einer solchen Trauerfeier faehrt man dann in einer grossen Kolonne mit allen Trauergaesten zum Friedhof. Dort spricht ein Pastor noch einmal ein paar Worte und die Gaeste haben die Gelegenheit, an den Sarg heran zu treten und sich vom Verstorbenen zu verabschieden. Der Sarg wird nicht in Anwesenheit der Trauergemeinde beigesetzt, dies erfolgt ein wenig spaeter durch die Friedhofsmitarbeiter. Zur Trauerfeier an der Urne steht die Urne, wie auch in Deutschland, im Mittelpunkt. Da es, anders als in Deutschland (wg. Friedhofszwang), in Amerika erlaubt ist, mit der Asche des Verstorbenen zu machen, was man moechte, finden Beisetzungen einer Urne fast nie statt. Haeufig nehmen die Angehoerigen die Urne mit nach Hause, teilen die Asche unter Familienmitgliedern auf oder verstreuen sie an Plaetzen, die der Verstorbene gerne besucht hat.
Um die Dekoration kuemmern sich die Familien selbst. Fast immer werden verschiedene Fotocollagen mitgebracht, die dann im Eingangsbereich aufgstellt werden. Zwar stellen die Mitarbeiter des Funeral Homes Tische fuer die Dekoration und die Blumen, die geliefert werden bereit, um das Arrangieren kuemmert sich allerdings auch die Familie. Im grossen und ganzen hat der Mitarbeiter eigentlich nicht viel waehrend einer Trauerfeier zu tun. Die Hauptaufgabe besteht darin den Trauergaesten „Folder“ zu geben sobald sie die Trauerhalle betreten und sie darauf hinzuweisen, dass sie in einem Kondolenzbuch unterschreiben koennen. „Folder“ sind kleine gefaltete Zettel, in denen der Name, das Geburts und Sterbedatum, der Geburts und Sterbeort und Informationen zur Trauerfeier eingedruckt sind. Eine Besonderheit bei einem Service ist jedoch, dass Familienmitglieder nach der Trauerfeier den Sarg selbst zum Auto tragen und auch nach Ankunft auf dem Friedhof den Sarg zum Grab tragen. In Deutschland wird dieses von Sargtraegern uebernommen.

Im grossen und ganzen laesst sich sagen, dass das Arbeiten in einem Bestattungshaus viel umfangreicher ist als in einem Funeral Home, das es in Deutschland fuer den Bestatter einfach viel mehr zu tun gibt.

 

Hiermit moechte ich erwaehnen, dass die oben beschriebenen Vorgaenge meine persoenlichen Erfahrungen wiedergeben und sie sich wahrscheinlich nicht verallgemeinern lassen.
Es kommt natuerlich immer darauf an, in welchem Ort das Bestattungshaus oder Funeral Home ist. Auch ist der Arbeitsaufwand je nach Groesse des Hauses abhaengig. Ich befinde mich in Kalispell in einem Funeral Home mit 3 Funeral Directors, die gleichzeitig auch Embalmer sind, einem Office Manager und einer Associate die auch nur fuer eine Filiale zustaendig sind. Ich habe schon gehoert, dass es in groesseren Staedten fuer Funeral Homes mit mehreren Filialen um einiges aufwendiger ist.

 

Sollte vielleicht der ein oder andere Bestatterkollege aus Deutschland diesen Eintrag lesen und Anmerkungen, Hinweise, Verbesserungen und/oder Ergaenzungen haben, darf er sie gerne in einem Kommentar teilen.

Ich hoffe, dass ich euch einen kleinen Einblick in das amerikanische Bestattungswesen geben konnte. Und vielleicht versteht ja der ein oder andere, oder kann sich zumindest vorstellen, warum diese Erfahrung ein kleiner Kulturschock war 😀

 

Lieben Gruss nach Deutschland!

Eure Melli

 

 

 

Schon fast zwei Monate

Seit dem letzten EIntrag sind zwar ein paar Wochen vergangen, trotzdem möchte ich versuchen meine bisherigen Erlebnisse kurz zusammen zu fassen.

am 4.10. bin ich schon seit 2 Monaten in den Staaten. Man, wie die Zeit vergeht. Ich habe mich inzwischen sehr gut eingelebt und einen geregelten Tagesablauf entwickelt.
Nachdem ich in Kalispell angekommen bin musste ich erstmal ein paar Dinge organisieren.

Direkt am Montag, ich bin an einen Sonntag angekommen, habe ich mich für ein erstes Kennenlernen mit meiner College-Koordinatorin getroffen. Sie hat mir erklärt, was mich in diesem Jahr am College erwarten wird. Um einschätzen zu können, welche Kurse für mich am besten sind, musste ich mich einem sogenannten „Compass-Test“ stellen, in dem meine englischen Schreib- und Lesefähigkeiten getestet wurden. Da ich gar nicht so schlecht abgeschnitten habe, durfte ich mich für meine Wunschkurse Psychologie und Soziologie („Intro to Psychology“ und „Race, Gender and Class“) eintragen. Anschließend hat sie mir das Campusgelände gezeigt. Zunächst erschien mir alles riesengroß, doch man gewöhnt sich dran.
Am 20. August hatte ich einen „New-Student-Orientation-Day“. An diesem Morgen haben sich alle neuen Schüler des Colleges getroffen, um die wichtigsten Sachen rund ums College kennen zu lernen. Anschließend ging es für mich zum Social Security Office, da ich meine Social Security Nummer beantragen musste welche mir erlaubt, in den USA zu arbeiten. An diesem Tag habe ich das erste Mal gemerkt, dass der Besitz eines Autos in Kalispell von Vorteil ist … zwar konnte meine College-Koordinatorin mich hinfahren, zurück musste ich jedoch zu Fuß. In dieser Woche ist der Rauch der vielen Brände im Glacier National Park und aus Washington in Kalispell angekommen, was den Rückweg zu Fuß sehr unangenehm machte, da ich ca. 30 Minuten durch Rauch und Hitze latschen musste. Wieder beim College angekommen hatte ich einen zweiten Teil des Orientierungstages, diesmal für internationale Schüler.

Am Wochenende ging es dann für mich nach Helena. Helena ist die Hauptstadt von Montana  mit ca. 30.000 Einwohnern. Ich habe mich mit meiner Hostmum, ihrem Freund und seinen beiden Kindern auf den Weg gemacht, da wir an einen Zumba-Master-Kurs teilgenommen haben. Jaaaa tatsächlich, ich habe Zumba gemacht. Trotz schlechter Koordination und Kondition hatte ich eine menge Spaß. Helena hat leider nicht viel Spannendes zu bieten, aber wir haben uns am nächsten Tag aufgemacht um die „Gates of the Mountains“ zu sehen. Es war wirklich beeindruckend da es so aussieht, als würden die Berge sich öffnen. Schwer zu beschreiben, vielleicht gibt es ja bei Youtube das ein oder andere Video dazu ;-).

Am 24.8. habe ich mich im Buffalo Hill Funeral Home & Crematory vorgestellt. Ich habe dort von meiner Ausbildung und meinen Erfahrungen aus Deutschland berichtet und durfte direkt ein wenig vom amerikanischen Bestattungswesen miterleben. Ca. eine Woche später habe ich meinen Arbeitsvertrag unterschreiben dürfen. Ich muss zugeben, dass ich mir den Beruf als Bestatter in Amerika etwas anders vorgestellt  habe. Aber ich habe auch wieder gemerkt, dass man gewissen Dingen, und vor allem sich selbst, erst ein bisschen Zeit geben muss, um sich einzugewöhnen. Zu Anfang war alles so ungewohnt auf der Arbeit, dass ich mich nicht sehr wohl gefühlt habe, da ich in Deutschland nunmal auch sehr hohes Niveau rund um Bestattungen und Service gewöhnt bin. Inzwischen weiß ich aber wie es funktioniert und es ist nicht mehr alles so neu. Ich habe mich eingelebt und meinen Chef und die Kollegen gern gewonnen, sodass auch die Arbeit nun in Ordnung ist. Man kann auch sagen, dass hier einfach alles „relaxter“ zugeht.
Zu Beginn wurde ich häufig gefragt „und, hast du schon einen Kulturschock?“ Ich muss gestehen, dass mich das amerikanische Leben, der Ort, die Menschen oder das College nicht sehr „schockiert“ haben, das Bestattungswesen jedoch sehr. Gerne werde ich in einem Weiteren Beitrag das amerikanische Bestattungswesen einmal mit dem Deutschen vergleichen.

Ich hatte nun schon das Vergnügen, meinen Geburtstag in Kalispell zu feiern. Am 27. war auch mein erster Tag im College, der jedoch nicht allzu spannend war. Da meine Gastmutter bis Nachmittags arbeiten musste habe ich die Gelegenheit und das WLAN im College genutzt, um mir das Spiel des BVB über das Netradio anzuhören. Nachdem der BVB mir das erste Geschenk gemacht hat und mit einem Sieg von Spielfeld gegangen ist, hat Eden einen Bowlingabend mit Pizza und Geburtstagstorte organisiert. Für ein bisschen Heimat wurde auch gesorgt, da Natalya mir ein kleines Sortiment deutsches Bier geschenkt hat. Tja, zwar feiert man mit anderen leuten, quasi mit Fremden, die Geschenke bleiben trotzdem gleich 😀  Es war ein wirklich sehr schöner Abend und ich werde mich später gerne an meinen amerikanischen Geburtstag erinnern :-).

Ich habe inzwischen einen guten Rhythmus gefunden und so gut wie nie langeweile, meine Woche gestaltet sich ungefähr so:

Montag:  aufstehen um 9.30 Uhr, gemütlich frühstücken, 11-11.50 Uhr Psychologie, ab ca. 12 Mittagessen, danach evtl ein kleines Nickerchen oder lernen, 15.30 – 16.45 Uhr Soziologie, danach entweder entspannen, lernen oder weggehen.
Dienstag: 7.10 Uhr aufstehen, 8 – 10 Uhr arbeiten, 11.-11.50 Uhr Psychologie, 12 – 12.45 Uhr Mittag, 13 – 17 Uhr arbeiten, 18 – 19.30 Uhr Brazilian Class (jaaa ich lerne portugiesisch 😀 )
Mittwoch: eigentlich wie Montag, nur dass ich zwischen den Kursen ein sogenanntes „global Friends meeting“ besuche, bei dem sich internationale und amerikanische Schüler treffen, quatschen und Pizza essen
Donnerstag: siehe Dienstag, nur ohne Brazilian Class
Freitag: 9 – 17 Uhr arbeiten

An Wochenenden bin ich meistens mit lernen beschäftigt oder mit irgendwelchen Leuten unterwegs. Langeweile? Nein 🙂

Als Deutsche/r hat man das Glück, dass man sich in Amerika eine Fahrerlaubnis kaufen kann und nicht extra eine Prüfung machen muss …. wenn man nicht gerade in Montana platziert ist.
Um mich mit einem Auto auf den Straßen in Montana bewegen zu dürfen muss ich mich demnächst einer schriftlichen und einer praktischen Prüfung stellen. Sollte ja eigentlich nicht so schwer sein, wenn man sogar einen deutschen Führerschein hat. Würde ich auch meinen, wenn ich nicht schon einmal durch den schriftlichen Teil durchgefallen wäre 😀 Mag daran liegen, dass ich vorher nicht viel gelernt habe, daran, dass ich manche Fragen nicht gecheckt habe oder daran, dass ich einfach total übermüdet war, da ich am Tag vorher das Oktoberfest in Whitefish besucht habe. Aber das ist hier zum Glück nicht so schlimm. Für die Prüfung musste ich 5,50$ bezahlen und habe 3 Versuche. Sollte ich noch zweimal durchfallen, muss ich erneut 5,50 Zahlen und hab wieder 3 Versuche usw. Somit kann ich das alles eher entspannt angehen.
Das ist doch alles völlig unnötig? Ja, finde ich auch 😉

Letzten Sonntag habe ich es endlich in den Glacier National Park geschafft. Schon alleine um diesen zu Besuchen, sollte man mal nach Kalispell reisen.

Die nächsten Wochen werde ich wahrscheinlich mit viel lernen verbringen, da bald das erste „EXAM“ ansteht und ich ein paar Essays schreiben muss und mich nocheinmal an der Führerscheinprüfung versuchen werde. Vor ein paar Stunden habe ich mir ein Auto angeguckt, welches dann wohl in meinen Besitz übergehen wird.

Mal sehen, was die nächste Zeit so mit sich bringt. Ich bin sicher, schlecht wird es nicht.

 

 

  • Campus-Gelände

 

 

 

 

 

 

Schon jetzt unvergesslich …

Am Dienstag, den 4. August 2015 war für meine Familie und mich frühes Aufstehen angesagt.

In der Nacht von Montag auf Dienstag klingelte der Wecker bereits um 2 Uhr morgens, denn auf den Beginn meiner großen Reise musste ich nur noch ein paar Stunden warten. Zusammen mit meiner Familie machte ich mich auf den Weg nach Frankfurt , von da aus sollte der Flieger um 10:50 abheben. Wir erreichten den Flughafen um 7 Uhr, genug Zeit um einzuchecken und den Konferenzraum zu finden, der extra für die „PPPler“ bereitgestellt wurde. Dort hatten wir mit Familie und Freunden, die extra zum Flughafen kamen um uns zu verabschieden, noch etwas Zeit. Die Vorfreude auf die Reise war riesig, doch als es dann Zeit war und ich mich endgültig  von allen verabschieden musste, wurde das Herz sehr schwer und natürlich konnten einige Tränen nicht zurückgehalten werden.

Schließlich ging es für uns durch die Sicherheitskontrolle und ab zum Boarding. Alles lief einwandfrei und wir hoben mit etwas Verspätung gegen kurz nach halb 12 (wenn ich mich richtig erinnere) in Frankfurt ab.
Nach 8 Flugstunden war es dann endlich soweit und wir landeten in New York. Dort wurden wir bereits vom Team von CulturalVistas in Empfang genommen. Sie verteilten uns auf 2 Busse und wir wurden direkt zum „YMCA-Hotel“ in Manhatten gebracht. Ausruhen war nicht angesagt, da wir nur Zeit hatten unsere Koffer auf die Zimmer zu bringen um anschließend gemeinsam essen zu gehen. Danach ging es auf eine kleine Sightseeing-Tour über den Times Square bis zum Rockefeller Center, von dort aus durften wir New York auf eigene Faust erkunden. An Müdigkeit war nicht zu denken. Aber all die neuen Eindrücke und Sehenswürdigkeiten hielten mich sowieso ohne Probleme wach.

Zwischen den Seminaren, die wir mit CulturalVistas hatten, hatten wir jede Menge Zeit um New York zu erkunden. Ich habe mir sagen lassen, dass ich in  3,5 Tagen mehr von New York gesehen habe als ein New Yorker selbst. Ich besuchte das Rockefeller Center, den Times Square, das Plaza Hotel, den Central Park, das 9/11 Memorial, machte mehrere Taxifahrten durch New York (für ein bisschen Adrenalin sehr zu empfehlen!), hab Ms Liberty zugewunken, machte eine Sightseeing-Tour mit einem Doppeldeckerbus und schaute mir sogar einen Sonnenaufgang auf der Brooklyn Bridge an.
Doch der unglaublichste Moment war der Besuch auf dem One World Trade Center.
Auf dem Weg zum Gebäude erfasste mich ein sehr beklemmendes Gefühl, da wir dort am 9/11 Memorial vorbei kamen. Die Plätze zu sehen, wo einst die Zwillingstürme standen …. nicht in Worte zu fassen.  Nach einer kurzen Pause am Memorial setzten unseren Weg fort und machten uns weiter auf zum One World Trade Center. Für nur 32 Dollar durften wir nach oben. Wir wurden mit einem Fahrstuhl innerhalb von 60 Sekunden auf die Spitze des Turmes „katapultiert“ und erreichten schließlich eine Leinwand, auf der uns ein kleiner Film über New York gezeigt wurde. Am Ende dieses Filmes ging die Leinwand hoch und mir schossen die Tränen in die Augen, so sehr hat es mich geflashed. Ich habe noch nie eine so atemberaubende Aussicht wie auf diesem Turm gehabt. Zudem waren wir erst Abends oben, sodass ganz New York in all ihren Lichtern erstrahlte. Wir gingen weiter und erreichten einen Rundblick, auf dem wir uns dann eine ganze Weile aufhielten.

Nach ingesamt 3,5 Tagen in der Stadt die niemals schläft (ja, es ist wirklich so) bekamen wir endlich unsere Routen für die Homestaytour.
Bereits in New York löste sich unsere Gruppe von 75 Personen auf, jedoch bin ich mit 34 weiteren von New York via Amtrak nach Chicago gereist… Ich werde mich wohl nie mehr über die DB beschweren, denn 20 Stunden Amtrak fahren hat mir bewiesen, dass es mit der DB vielleicht doch gar nicht so schlecht ist ;-). In Chicago angekommen hatten wir leider nur Zeit zum umsteigen, sodass wir nichts von der schönen Stadt sehen konnten. Denn für uns ging es zunächst weiter nach Princeton, von dort aus wurden wir abgeholt und auf Gastfamilien in Geneseo in Illinois verteilt. Ich hatte das Vergnügen und durfte 4 Tage bei der wunderbaren Hogue Family leben. Wir hatten eine Menge Spaß zusammen und sie zeigten mir die Stadt und nahmen mich mit zu einer Fahrt auf dem Mississippi. Den Namen „John Deere“ werde ich wohl auch nie mehr vergessen. Andrea, Jeffrey, Hannah und Kaye gaben sich viel Mühe, damit ich mich wohl fühlte. Da ihnen das mehr als gelungen ist war der Abschied bereits nach 4 Tagen schon gar nicht so einfach. Ich habe die 4 sehr in mein Herz geschlossen.
Doch ich musste wieder zurück nach Chicago, denn von da aus ging ein weiterer Zug nach Ann Arbor, Michigan. Unsere Gruppe wurde immer kleiner, sodass ich nach dem zweiten Stop in Chicago bereits nur noch mit Bianca weiter gereist bin. Obwohl wir zu zweit waren ist es uns dennoch gelungen, die Haltestelle in Ann Abror zu verpassen, sodass wir bis nach Earborn fuhren. Unsere Gastmutter Inge konnte jedoch herausfinden, wo wir abgeblieben sind und holte uns in der Nacht dann aus Earborn ab. Auch mit Inge hatten wir eine Menge Spaß. Sie zeigte uns die kleine aber feine Stadt Ann Arbor und hat uns zum Paddeln auf dem Huron-Lake mitgenommen. Am Morgen des 16. 8. hieß es dann auch Abschied nehmen von Bianca, da sie bereits morgens einen Flug nach Denver nehmen musste. Mein Flug jedoch ging erst am Nachmittag, sodass Inge mich auf halb 2 zum Flughafen nach Detroit brachte. Von dort aus flog ich nach Denver und schließlich weiter nach Kalispell. Ich erreichte Kalispell zwischen 22 und 23 Uhr und wurde sehr herzlich von meiner Gastmutter Eden und ihrer kleinen Familie und Freunden begrüßt.

Bereits am nächsten Tag habe ich Gerda, meine College-Koordinatorin kennen gelernt, die mich über das Jahr hier am College begleiten wird. Am 20. hatte ich einen Orientierungstag und konnte mich bereits für Kurse eintragen und den ein oder anderen kennen lernen.
Am 27. August ist schließlich College-Beginn und für mich beginnt ein Semester Rund um die Themen „Intro to Psychology“ und „Race, Gender and Class“.  Ich habe mich für diese Kombination entschieden, da ich berufsbezogene Kurse wählen musste und ich denke, dass diese Kurswahl genau das Richtige ist.
Am Montag habe ich (hoffentlich) ein persönlichen Gespräch mit einem Inhaber eines Bestattungsunternehmens, sodass ich auch hoffentlich bald meinen Wunschjob hier ausüben kann.

Nun heißt es erstmal für mich einleben, die Kultur kennen lernen und immer weiter neue Eindrücke sammeln. Ich hatte das Glück, dass ich am Montag noch ein wenig von den Bergen rund um Kalispell sehen konnte und eine wunderschöne Aussicht genießen durfte. Zur Zeit liegt jedoch eine dicke Rauchwolke rund um Kalispell und Nachbarstädten, da viele Waldbrände in den Nationalsparks rund um Montana und in Washington State wüten. Ein Aufenthalt an der frischen Luft ist daher erstmal nicht zu empfehlen.

 

Hier ein paar Bilder aus New York und von meiner Homestaytour:

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auch die letzte Hürde ist geschafft

Seit Dienstag, dem 21.07.2015, 18:00 Uhr habe auch endlich ich die Gewissheit:
Meiner Reise nach Amerika steht nun nichts mehr im Weg.

Um am Parlamentarischen Patenschaftsprogramm teilnehmen zu können, ist eine abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich.
Im August 2012 habe ich eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft im Bestattungshaus Deppe in Bielefeld begonnen und musste mich am 20. + 21. Juni nun der Abschlussprüfung stellen. Nach zwei anstrengenden Prüfungstagen wurde mir dann am 21. Juni 2015 um 18 Uhr mein Prüfungsergebnis mitgeteilt: bestanden.
Ab diesem Moment war meine Teilnahme am PPP endgültig sicher.

Nun geht es in 4 Tagen also tatsächlich los, nächste Woche um diese Zeit werde ich schon Amerika erkunden. Die Aufregung steigt immer mehr, auch wenn ich es irgendwie noch gar nicht wirklich glauben kann. Ich musste mich schon von einigen Freunden verabschieden, doch so wirklich „gerafft“, dass ich bald ein Jahr weg bin, hab ich es immernoch nicht. Ich glaube, sobald der Flieger abhebt wird mich die Realität (endlich) sehr schnell einholen.

Aber ich freue mich riesig auf die kommende Zeit.
Ich habe meine Gastmutter und meine College-Koordinatorin bereits per Skype kennen lernen dürfen und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, welches Glück ich habe.
Sie sind beide sehr liebe Menschen und unterstützen mich jetzt schon wo es nur geht. Schon jetzt haben sie sich für mich bei einem Bestattungsinstitut erkundigt und vielleicht stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass ich schnell einen Job bekomme.

Nun heißt es nur noch Koffer packen und los gehts.
Amerika, ich komme! 🙂

 

 

Visum genehmigt ✓

Montag, 29. Juni 2015, 05:00 Uhr –
Zeit um aufzustehen, denn es geht nach Berlin.
Noch völlig verschlafen und ein wenig abgehezt mache ich mich in Begleitung meines Vaters schon am frühen Morgen auf den Weg zum Mindener Hauptbahnhof, denn wir fahren nach Berlin. Bereits Tage zuvor habe ich wichtige Unterlagen für die Beantragung meines Visums zusammengestellt, die ich heute den netten Damen und Herren vom amerikanischen Konsulat in Berlin vorlegen möchte.

Fast pünktlich kommen wir um 8:49 Uhr in Berlin, direkt in der nähe des Konsulates in der Clayallee an. Noch genug Zeit, einen Expressbrief mit Zusatzmarke zu organisieren … trotz tagelanger Vorbereitung auf diesen Termin, den ich bereits Tage vorher reserviert hatte, passiert es doch noch, dass man etwas, hier zum Glück nur eine Kleinigkeit, vergisst…
Eine nette Berlinern erklärt uns, wo wir eine Poststelle finden und anschließend den direkten Weg zum Konsulat einschlagen können. So befinden wir uns um ca. 9:45 Uhr am Eingang des amerikanischen Konsulates, mein Termin ist auf 10:30 Uhr angesetzt. Perfekt!
Nach ein paar Minuten Wartezeit darf ich schon in das Gebäude.
Zuerst geht es durch eine kleine Sicherheitskontrolle und der Reisepass wird kontrolliert. Die Verwirrung steht dem Wachpersonal ins Gesicht geschrieben … Damals mit langen Haaren und einem geraden Pony fotografiert stehe ich nun mit Kurzhaarfrisur und schrägem Pony vor ihm… Sein Blick wandert immer wieder auf den Reisepass und dann wieder auf mich, schließlich wieder auf den Reisepass … er wiederholt diesen Vorgang zwei -, dreimal und erkennt dann, als ich schon ein leichtes Schmunzeln nicht mehr unterdrücken kann, doch, dass die Besitzerin des Reisepasses tatsächlich vor ihm steht. Alles in Ordnung, ich darf passieren.

Im Inneren des Gebäudes stehe ich dann vor einem sehr netten Herren, der mir in englischer Sprache aufzählt, welche Unterlagen er von mir benötigt. Die meisten Unterlagen, die uns empfohlen worden sind mitzunehmen, wurden zwar nicht benötigt, aber natürlich ist es immer besser für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein. Schließlich sagt er mir, dass er gerne den Briefumschlag hätte und dass ich noch meine Adresse eintragen muss (was ich in dem Moment allerdings nicht so ganz kapiert habe) … nun bin ich etwas überfordert und verunsichert. Wieso habe ich so viel mitgenommen, wenn die das nicht sehen wollen? Braucht der wirklich kein Foto mehr von mir? Jetzt will der das Formular auch nicht haben? Nicht, dass da nachher irgendwas doch noch fehlt und da irgendwas nicht klappt?! …. Ich verstehe nun nicht mehr genau was er von mir möchte, doch zum Glück habe ich schon auf dem Gymnasium in Referaten und Vorträgen gelernt, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hat: Improvisation.
So drücke ich ihm meine gesamte Mappe mit all meinen Unterlagen in die Hände und sage ihm es sei doch das einfachste, wenn er sich das, was er braucht, einfach selbst raussuche. Als er mir dann aber nur den Briefumschlag zurückgibt hab ich es dann auch endlich kapiert. Und ja, so schwer war es doch gar nicht.

Die zweite Hürde mit ein bisschen Gelächter gemeistert geht es an den nächsten Schalter. Dort werden die benötigten Unterlagen, die vorher mühsam zusammen gelegt wurden, gesammelt abgegeben, damit sie zur Bearbeitung weittergereicht werden können. Ich bekomme zwei Informationsbroschüren, die mir den weiteren Verlauf erklären: Bitte nehmen Sie platz und achten Sie auf die Durchsage. Sobald Sie aufgerufen werden gehen Sie zum genannten Schalter.

„Melanie Kley, Schalter 5“

Nach kurzer Wartezeit gehe ich also zu dem Herren am Schalter 5, der mir die weitere Vorgehensweise nun wieder auf Deutsch erklärt. Legen Sie erst die vier Finger der linken Hand auf den Scanner, dann die vier der rechten Hand, anschließend beide Daumen.
Gesagt, getan und ich darf mich wieder setzen.

„Melanie Kley, Schalter 7“

Am Schalter 7 wartet ein weiterer Herr auf mich, mit dem in nun mein ca. drei-minütiges Interview führen werde. Bereits im Vorbereitungsseminar hatte man uns über dieses Interview aufgeklärt und uns erzählt, dass wir damit rechnen müssen, dass es in englischer Sprache stattfinden wird. Natürlich habe ich mich bereits auf die Fragen vorbereitet und mir die passenden englischen Wörter zurechtgelegt um glaubhaft meinen Grund für einen längeren Aufenthalt in den USA erklären zu können. So fragt er dann auf Deutsch, was ich in den USA machen möchte, wie lange ich dort bleibe, wo ich leben werde, zu welchem College ich möchte und sagt direkt im Anschluss, dass mein Visum genehmigt sei. Ich bedanke mich und mache mich dann schon wieder auf nach Draußen, wo mein Vater auf mich wartet.

Natürlich können wir Berlin nicht verlassen, ohne vorher eine echte Berliner Currywurst gegessen zu haben. Schnell noch zum Alexanderplatz eine Currywurst genehmigen und dann geht es schon wieder ab nach Hause.

Nun steht die letzte Hürde an.
Nachdem ich vor ca. einer Woche die Bestätigung bekommen habe, dass ich die schriftliche Abschlussprüfung bestanden habe, geht es nun in die allerletzte Phase.
Wenn ich die praktische Prüfung am 22. Juli auch noch bestehe, steht meiner Ausreise nach Amerika wirklich gar nichts mehr im Weg.

Wie alles begann …

Herzlich Willkommen auf meinem Blog,
welcher mich durch mein Jahr in Amerika begleiten wird! Hier bekomme ich die Möglichkeit, euch stets rund um das Jahr auf dem Laufenden zu halten und euch mit neuen Geschichten und Informationen zu unterhalten und verschiedenste Erlebnisse mit euch zu teilen.

Doch wie kommt es dazu, dass ich Deutschland im August für ein Jahr verlassen werde?

Es begann alles mit einer E-Mail, die ich am 22.05.2014, erhalten habe. In dieser wurde auf das Parlamentarische Patenschafts-Programm 2015-2016 aufmerksam gemacht und mein Interesse wurde geweckt. Parlamentarsches Patenschafts-Programm ? GIZ ? Ein Jahr Amerika?
… die E-Mail lag lange in meinem Postfach, bis ich mich schließlich dazu entschied, mich für das Programm zu bewerben. Mir war klar, dass ich diese Gelegenheit vermutlich nicht noch einmal bekommen werde.

Trotz gemischter Gefühle habe ich alle Unterlagen für die Bewerbung online ausgefüllt und abgeschickt, worauf eine lange lange Zeit des Wartens folgte. Dann endlich kam sie völlig unerwartet: Eine Einladung zur Auswahltagung in Bonn. So machte ich mich am 06.11.2014 auf den Weg von Minden nach Bonn, um mich am 07.11.2014 dann endlich persönlich vorstellen zu dürfen.
Nach Gruppenarbeiten und Tests zu verschiedenen Themen ging es schließlich für jeden Bewerber in Einzelgespräche mit einem Auswahlkomitee. Da mein Gespräch das letzte an diesem Tag war, hatte ich seeehr sehr viel Zeit nachzudenken, mich zwischendurch verrückt zu machen, mich mit anderen zu unterhalten und und und. Ich hatte das Gefühl, die Zeit wollte einfach nicht rumgehen und ich wurde immer nervöser. Dann endlich, gegen 17 Uhr, durfte ich in mein Einzelgespräch, welches sich schließlich als sehr angenehm herausstellte. Ich machte mich zwar mit keinem schlechten Gefühl auf die Heimreise, sicher sein konnte man sich jedoch trotzdem nicht ….

so hieß es wieder: warten, warten, warten …. während der Alltag so seinen Lauf nahm fanden weitere Auswahltagungen statt und die Abgeordneten der verschiedenen Wahlkreise bekamen nach und nach Nachrichten und Informationen über potenzielle Stipendiaten. So auch die Abgeordnete aus meinem Wahlkreis, Christina Kampann, welche mich zu einem persönlichen Gespräch zu sich in das Wahlkreisbüro in Bielefeld eingeladen hat.
Am 09.02.2015 war es dann endlich soweit, der Moment war gekommen ….

“ … dann freut es mich, dass ich Ihnen ein schönes Jahr in Amerika wünschen darf.“

Ich konnte es gar nicht fassen. Ich habe es geschafft! Ich habe einen von 75 Plätzen für ein Auslandsjahr in Amerika bekommen.
An diesem Tag war alles noch sehr unwirklich, selbst als die Zusage schwarz auf weiß in meinem Briefkasten lag, konnte ich es noch nicht wirklich glauben …. bis ich schließlich das Vorbereitungsseminar in Würzburg besucht habe.

Bei diesem Vorbereitungsseminar habe ich schon einige andere Stipendiaten kennen lernen dürfen und wir haben eine wunderbare Woche miteinander verbracht, in der wir viel über die amerikanische Kultur, Geschichte und Politik lernen durften und gut auf unser Auslandsjahr vorbereitet wurden. Nun war mir auch wirklich bewusst, was auf mich zukommt und welch riesige Chance ich bekomme. Die Realität hat mich eingeholt und die Aufregung steigt von Tag zu Tag.

Doch bevor es losgehen kann müssen noch einige Dinge organisiert werden: Eine Abschlussprüfung will absolviert werden, das Visum muss beantragt werden und natürlich darf eine Abschiedsfeier mit Freunden in Deutschland nicht fehlen …