Hallo zusammen,
ich bins wieder einmal mit einem neuen Update zu meinem PPP Auslandsjahr in den USA. Da die letzte Zeit so erlebnisreich war, habe ich mich dazu entschieden auf die Reflexionsmethode Blitzlicht zurückzugreifen. Im Klartext bedeutet dies viele unsortierte gewohnt subjektive Information und lustige Momente. Ich hoffe, ihr habt trotzdem euren Spaß.
Bitte entschuldigt meine unregelmäßigen Beiträge, ich gelobe jedoch Besserung.
Am Freitag vor zwei Woche hatte ich um acht Uhr bereits meinen Mathe Kurs. Deshalb hieß es für mich rechtzeitig zu meinem idyllischen 25 minütigen Fußweg aufmachen. Der Mathekurs selbst war eigentlich genauso unspektakulär wie die Male davor. Zunächst warten bis alle nach „Sitka Time“ eintrudeln, das obligatorische „Gibts Fragen?“ (bisher gabs noch nie Fragen), neues Material besprechen und abschließend noch ein benotetes Quiz. Nach dem Kurs brachte mich eine Mitschülerin mit der Frage, ob Deutschland bereits industrialisiert ist und ob wir Autos haben dann doch etwas aus dem Konzept. Mittlerweile wurde ich schon einiges gefragt, mir wurde die H-Frage gestellt, ob Fr. Merkel die Königin ist und ob wir auch Bären haben. Diese Frage war mir jedoch echt neu. Aus Zeitmangel für große Erklärungen auf diese wichtige Frage, ging es dann jedoch direkt zur Einführung für die neuen Studenten. Dass meine heißgeliebten Kennenlernspiele ganz oben auf der Agenda standen, begeisterte mich nicht unbedingt. Glücklicherweise waren wir nur zu sechst und alle anderen kannte ich sowieso schon aus dem Humanwissenschaften Kurs. Somit konnten wir bald zum angenehmen Teil, den Subway Sandwiches mit Chips übergehen. Den größten Teil der Einführung verbrachten wir damit, zu besprechen, wie man die unterschiedlichen finanziellen Fördertöpfe anzapfen kann. Denn studieren in den USA kostet sehr viel Geld und daher sind auch viele Studenten stark verschuldet und das, obwohl die meisten nebenher als Barista oder Paninibrötchenbeleger arbeiten. In Sitka, kann man nirgends hingehen, ohne dass man einen Mitstudent/in hinter der Theke trifft. 😉
Apropos Uni, ihr fragt euch sicherlich, wie ich mich schlage. Bisher kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass ich bisher nur sehr gute Ergebnisse hatte. Dies bedeutet jedoch auf keinen Fall, dass die Uni einfach wäre. Vor allem die Hausaufgaben, Präsentationen, Quizz und Essays erfordern einiges an Eigenleistung und Disziplin. Wer will, kann sich hier mal meinen ersten Reaction Essay zum Buch „Blonde Indian“ durchlesen. Dabei war die Aufgabenstellung das Buch zu lesen, zu interpretieren und auf sich selbst und den eigenen „sens of place“ Sitka zu reflektieren.
Der Humanwissenschaften Kurs ist übrigens mein Lieblingskurs, dies liegt zu einem an den beiden (Chris und Math), die diesen Kurs unterrichten. Chris ist übrigens mein Student Success Center Koordinator. Aber auch an der Tatsache, dass wir sehr viel diskutieren und ich immer wieder neue Dinge über mein eigenes Bewusstsein lerne. Bevor ich mich für diesen Kurs registrierte hatte ich mir nie ernsthaft Gedanken über die Bedeutung meines Wohnorts -für mein Leben- gemacht (sense of place). Dieser Kurs war auch der erste Ort, wo ich Heringseier probieren konnte, die man mit einem Sitkafichtenzweig sammelt. Wie das schmeckt, man nehme den Duft von leicht verwestem Rollmops + die Konsistenz von Sesam und fertig sind Heringseier. Nach der zweiten Portion, gar nicht mehr so übel. Das ganze sieht dann so aus:
In Humanwissenschaften merkte ich sehr schnell, dass die Leute sich hier mehr als stolze Bewohner Alaskas fühlen und weniger als Amerikaner. Zudem vergleichen wir Alaska häufig auch mit den „Lower 48“. Das zeigt mir immer wieder, welch besonderes Privileg es ist, dass ich mein Auslandsjahr im 49. Bundesstaat verbringen darf. Viele meiner Mitschüler planen jedoch in Seattle oder in Portland studieren zu gehen.
Nach einiger Zeit und unzähligen gewechselten E-Mails, einigen Höhen und Tiefen und sehr viel Bürokratie habe ich nun auch eine Arbeitsstelle für mein PPP-Auslandsjahr gefunden. Um ehrlich zu sein, hat mich dieses Ungewissheit schon sehr belastet und viele Nerven gekostet. Gut für euch: Meine Geheimniskrämerei hat nun somit offiziell ein Ende. Ich bin sehr froh, dass ich an der Universität Sitka in der IT-Abteilung arbeiten kann und somit, etwas Berufsbezogenes -ich machte in Deutschland eine Ausbildung zum Informatikkaufmann- und ordentlich Bezahltes gefunden habe. Zu meinen Aufgaben wird unter anderem die Administration, Wartung und Installation der Clients und Server zählen. Zusätzlich werde ich mich auch um die Netzwerk Ausstattung kümmern und natürlich alles fein säuberlich dokumentieren. Zudem haben mein Kollege und ich auch noch einige kleiner Projekte definiert, die jedoch noch nicht spruchreif sind.
Am Sonntag vor einer Woche, lernte ich dann noch Tessa kennen, sie ist ebenfalls wie ich derzeitige PPP Teilnehmerin, jedoch nimmt sie am Schüler Programm teil. Es war sehr interessantes Gespräch bei gutem Kaffee/Tee und ich war auch irgendwie mal froh wieder Deutsch sprechen zu können. Denn dieser ständige Wechsel zwischen meinen Deutschen Gedanken und meinen amerikanischen Antworten ist für die Synapsen ganz schön anstrengend. Wer will, kann gerne auch auf Tessas Blog vorbei schauen.
Dieses Wochenende hatte ich dann auch noch Besuch von Freunden, die ich zu meinem -lang versprochenen- deutschen Abendessen eingeladen habe. Nach meiner letzten desaströsen Vorkochaktion sollte es dieses Mal Schnitzel mit Kartoffelsalat sein. Dies kam wirklich sehr gut an und ich fand selbst auch, dass diese richtig gut geworden sind. Hier ein Bild meiner gold gelben Schnitzel mit Kartoffelsalat:
Da ich mittlerweile auch im Alltag von Sitka angekommen bin, gehört nun auch einkaufen zu meinen regelmäßigen häuslichen Pflichten. Die Logik, nach der die Produkte sortiert sind, verwirrt mich jedoch noch immer: z.B. warum befindet sich Rasierschaum direkt neben den AmphetaVitamintabletten, jedoch Milch nicht beim Käse? Übrigens lieben Amerikaner Vitamintabletten und sonstige Nahrungsergänzungsmittel. Angesichts der Tatsache, dass gestern ein Kopf Eisbergsalat über vier Euro kostete, ist dies auch sehr nachvollziehbar. Etwas anderes, dass sich meinem Verständnis etwas entzieht, sind die wirklichen guten Angebote. Denn es gibt hier viele 2 für Angebote z.B. 7$. dies bedeutet jedoch nicht, dass man auch wirklich zwei kaufen muss, damit man das Angebot erhält.
Beim gestrigen Einkauf bekam ich dann auch noch den vollen Charm einer typischen Amerikanerin zu spüren. An der Kasse sagte nämlich zumal die Kassiererin zu mir „I like you!“ auf meine Gegenfrage weshalb antwortete sie: „You bought bacon and eggs, I really like them for breakfast“. Nachdem ich also wusste, was die Mitarbeiterin der Lakeside Gallery am liebsten zum Frühstück isst, machte ich mich gut gelaunt auf den langen nach Hause Weg. Es ist übrigens sehr üblich sich in den USA auch über Kleinigkeiten zu erkundigen oder je nach Situation diese zu loben.
Die Preise für Lebensmittel in den USA sind generell wesentlich höher als in Deutschland. Jedoch merkt man hier in Sita, dass insbesondere frische Lebensmittel und (Kühl-) und Tiefkühlprodukte nochmals um einiges teurer als auf dem Festland (z.B. Anchorage, AK) sind. Eine paar Beispiele: Eine einzelne Tiefkühlpizza 10$, Kräuterbaguette 5$, Packung Emmentalerkäse 7$, eine normalgroße Packung Cornflakes 6-9$ und Salat zwischen 4-6$ pro Stück.
Ansonsten war ich noch bei zwei der wichtigsten Touristenattraktionen hier in Sitka, dem Raptor Center und dem Fortress of the bear. Beim Raptor center handelt es sich um eine Art Klinik für Raubvögel, die je nach Verletzung entweder nach einiger Zeit wieder mit großem Tam Tam in die Freiheit entlassen werden oder aber dauerhaft hier im Center bleiben. Besonders gut gefallen haben mir die Weißkopfseeadler sowie die unglaublich süß dreinschauenden Eulen – die übrigens alle zentriert unter einem Schirm gesessen sind. Diese sind in Sitka auch dringend notwendig, da sonst das Gefieder dieser schönen Tiere zu schnell aufgrund des Regens verrotten würde.
Danach gingen wir dann noch zum Fortress of the bear Gelände, wo leider kurz nach unserer Ankunft eine Gruppe the „uncruise“ Touristen eintraf. Uncruise Teilnehmer sind wirklich eine besonders schlimme Spezies von Touristen. Nachdem alle ein 100$ Selfie mit einem Bär gemacht hatten, konnten wir auch endlich einen Blick auf die prachtvollen Wesen erhaschen. Übrigens gibt es hier im Südosten ausschließlich die größeren Braunbären (Grizzly Bären) und keine -wesentlichen kleineren Schwarzbären.
Am Mittwochabend nahm ich auch noch am deutschen Stammtisch von Sitka teil. Auch ohne die typische Stammtischrhetorik, Bier und große Weltpolitik einfach erklärt, war es sehr schön. Da die meisten der Teilnehmer bereits für fast 20 Jahre hier leben, konnte ich mir bereits gute Tipps für Aktivitäten im Winter besorgen. Dabei freue ich mich jetzt schon besonders auf das weltberühmte Wahlfest in Sitka. Im Gegenzug freute ich mich natürlich auch über meine alte Heimat zu berichten und leistete auch gerne Unterstützung bei der Aussprache von bestimmten Wörtern. Übrigens hat der Stammtisch sogar einen eigenen (österreichischen) Stammtisch Wimpel.
Ansonsten waren diese Woche dann auch noch Wahlen für die sog. „Student Government Association“, dabei handelt es sich um eine Art Studentenvertretung. Sinn und Zweck ist es, die Gesamtheit der Studenten zu vertreten und das studieren am Campus möglichst angenehm zu gestalten. Innerhalb dieser Einrichtung gibt es auch jedes Jahr einige Positionen, auf die man sich selbst oder durch anderen vorgeschlagen nominieren kann. Ich wurde für die Position als Schatzmeister und Vize Präsident nominiert, nachdem am Freitagabend alle Stimmen ausgezählt waren, stand fest, dass ich die meisten Stimmen für den Schatzmeister erhalten habe. Diese Wahl zeigte sehr gut, dass man in den USA doch noch Wahlkampagnen ohne Milliardenbudget und Merchandise Artikel gewinnen kann. An dieser Stelle auch noch vielen Dank an Michael und Markus, für eure zahlreichen Tipps zu meiner „zero budget“ Kampagne! Nun freue ich mich auf eine interessante Zusammenarbeit und ich hoffe sehr, dass ich dazu beitragen kann, das Studentendasein an der UAS noch besser zu machen.
Da ich diese Woche dann noch etwas Freizeit hatte, entschloss ich mich den Führerschein in Angriff zu nehmen. Also ging ich zum örtlichen DMV in Sitka, das innen aussieht wie eine Wohnzimmerwand Eiche rustikal. Dort angekommen hieß es erstmal Nummer ziehen und warten-lange warten. Nachdem ich endlich an der Reihe war, wurde mir schnell klar gemacht, dass ein internationaler Führerschein nicht akzeptiert wird. Um ehrlich zu sein, finde ich es in Zeiten, in denen über die finalen Normung von Chlorhähnchen verhandelt wird schon seltsam, dass ein internationaler Führerschein nicht international gültig ist. Meine einzige Möglichkeit einen Alaska Führerschein zu bekommen ist, zunächst einen Theorie- und dann einen Praxistest zu bestehen. Besonders Ersterer ist für Leute, die nicht aus Alaska kommen, gar nicht so einfach, denn es gibt einige knifflige Fragen zur Berechnung von Bußgeld, Punkten und Alkoholgrenzen. Das gute ist jedoch, dass man den Theorietest einmal pro Tag kostenlos machen kann. Im zweiten Anlauf habe ich am Montag dann jedoch den Theorietest auf Anhieb fehlerfrei gemeistert. Jetzt fehlt also noch der Praxistest. Sobald ich meinen Führerschein habe, erfahrt ihr das natürlich hier auf dem Blog. Hier noch eine Frage, die mich zum Schmunzeln brachte:
Résumé
Auch nach knapp 4 Wochen in Sitka gefällt es mir noch immer sehr gut. Ich bin sehr froh und dankbar, dass das PPP Programm mir diese einmalige Möglichkeit, so viele tolle Erfahrungen sammeln zu dürfen und viele interessante Personen kennen zulernen. Die einmalige Landschaft (der Pazifik, die Berge), die natürlichen Ressourcen und die reiche Amerikanische-Russische-Tlingit Geschichte hier in Sitka, beeindrucken mit jedes mal wieder aufs Neue. Es ist wirklich kein Wunder, dass Sitka jedes Jahr das Ziel tausender Kreuzfahrttouristen ist. Einige Leute sagen, ein Auslandsjahr wäre nicht ein Jahr im Leben, sondern ein Leben in einem Jahr. Nach knapp vier Wochen, kann ich dieser Aussage voll und ganz zustimmen. Denn die Herausforderungen in den ersten Wochen sind enorm und vielseitig. Ich genieße es sehr, Deutschland und seine Kultur (am liebsten mit Essen) zu repräsentieren. Da ich jeden Tag eigentlich einen vollen Terminkalender habe (mittlerweile muss ich alle Termine per Google und Exchange Kalender synchronisieren), ist für Heimweh oder sonstiges grübeln gar keine Zeit. Meine Stimmung würde ich mit der Schulnote 1 benoten. Obwohl ich mittlerweile im All/Schultag angekommen bin und mich den mehr oder minder großen täglichen Herausforderungen stellen muss, lasse ich mich einfach demotivieren. Ich sehe es einfach als Herausforderung!
Meine Bitte:
Über einen kurzen Kommentar würde ich mich sehr freuen. Dies hilft mir auch immer etwas als Motivation für die nächsten Beiträge. Lasst mich doch bitte wissen was euch interessiert oder was ihr gut findet. Übrigens kann man nun auch sein Facebook oder Twitter Konto nutzen, um zu kommentieren.
Beste Grüße aus Sitka
Euer Alex