Hallo zusammen,
ich bin es wieder einmal mit einem Update von der „Last Frontier“ (Alaska). Dieses Mal geht es um die vergangenen zwei Wochen meines Auslandsjahrs und über die Vielzahl an Dingen, die ich dabei in Sitka so erlebt habe.
Seit ich mein Auslandsjahr hier in Sitka (Alaska) verbringe, habe ich bereits einige Wanderungen unternommen, jedoch noch nie darüber berichtet. Sonntage stehen bei mir eigentlich ganz im Zeichen von Kirchenbesuch und etwas Relaxing, vergangenes Wochenende erhielt ich jedoch einen Anruf, der meinen ganzen Plan über den Haufen warf. Meine Bekannten Barb und Steve fragten ob ich Lust hätte mit ihnen eine Wanderung zu unternehmen. Wohl wissend, dass es das wahrscheinlich letzte Wochenende mit schönem Wetter ist, sagte ich prompt zu und keine 20 Minuten später standen wir auch schon am Startpunkt des Wanderwegs. Wir planten zunächst Gavan Hill hinauf zu wandern, dann etwas abzusteigen und unsere „kleine“ Wanderung (ca. 10 km einfach) am Harbor Mountain zu beenden. Auf der Spitze von Harbor Mountain befindet sich übrigens auch ein Aussichtspunkt aus dem 2. Weltkrieg. Am sog. Trailhead dämmerte mir dann auch, was auf uns wartete, den der Wanderweg den wir uns rausgesucht haben, bestand nicht etwa aus einem geschotterten Weg, sondern überwiegend aus treppenstufenartig angeordneten Brettern. Da die Stufen teilweise kniehoch waren, war es extrem anstrengend, noch dazu plagte mich eine fiese Erkältung. Endlich oben am Gipfel des 1. Berges angekommen, stärkte ich mich erst mal mit einer ordentlichen Zuckerration bestehend aus Dr. Pepper Cherry, selbst gebackenen Brownies sowie einem Mix genannt: „Trail Mix“- eine Art Snack wie „Studentenfutter“, jedoch dürfen typisch amerikanisch M&M’s nicht fehlen.
Mehr im Spaß als im Ernst reichte mir dann Steve sein Fernglas, mit dem Kommentar, ich sollte nach Bergziegen Ausschau halten. Nach einigem „abscannen“ der ringsum liegenden Berghänge hatte ich dasselbe Gefühl, das ich auch immer beim Murmeltiergehege habe: Gibt es die hier überhaupt!? Zu meinem erstaunen entdecken wir dann jedoch einen kleineren Grizzlybär direkt über dem Wanderweg, auf dem wir eigentlich wenige Minuten später weitergehen wollten. Nach umfassender Prüfung unsere Lage, entschlossen wir uns wieder denselben Weg-wie wir gekommen sind- zu nehmen und die Wanderung wann anderes aus gegenentsetzter Richtung abzuschließen. Der Grund unserer Umkehr war weniger die Tatsache, dass ein Bär vorhanden war, sondern da meine Bekannten wussten, dass dieser Bär besonders „angriffslustig“ in der Vergangenheit war. Im Allgemeinen sind Bären hier relativ verbreitet, speziell in Verbindung mit der schroffen Umwelt und dem Klima versteht man gut, warum Alaska immer noch als „Last Frontier“ bezeichnet wird.
Hier noch einige Bilder die während meines Sonntagsausflugs entstanden sind. Dank neuem Handy sollte die Bildqualität nun auch besser sein.
Wie man auf den Bildern gut erkennen kann, ist es bei mir bereits sehr herbstlich und man merkt täglich, dass es etwas kürzer hell ist. Allzu viele „Indian Summer“ Gefühle kommen dank der Nadelbäume in Süd Ost Alaska jedoch nicht auf. Übrigens hatte ich mit meiner Annahme, dass dies das letzte gute Wochenende ist, bisher wirklich recht, da es die vergangenen 10 Tage jeden Tag regnete. So langsam freue ich mich jedoch auch schon auf den Winter in Süd-Ost Alaska.
College Fair
Am vergangen Dienstag hatte ich meinen ersten Außeneinsatz von der Student Government Association aus. Bei der Student Government Association handelt es ich um eine Vereinigung, die die Anliegen aller Studierenden vertritt aber auch dabei hilft, neue Studierende für die Uni zu gewinnen. Deshalb ging es für mich am Dienstag Nachmittag zur Sitka Highschool (wird hier nur als Sitka High bezeichnet), wo eine Art Studienmesse stattfand. Ich durfte frisches Popcorn an einer nostalgisch anmutenden Popcornmaschine zubereiten und dies an (hoffentlich) zukünftige Studenten ausgeben. Unsere Aktion war so erfolgreich, dass wir nach knapp ein einhalb Stunden keinen Mais mehr hatten und auf Nachschub warten mussten. Das schiere Entsetzen über das Warten könnt ihr sicherlich den Bildern entnehmen. 😀 Obwohl die Zubereitung eine ziemlich schmierig-fettige Angelegenheit war, macht es dennoch Spaß. Die Mitarbeiter der anderen -teils renommierten- Unis waren jedoch nicht allzu begeistert. Da sich viele potenzielle Bewerber mehr für unser Popcorn, als für deren Flyer und Schlüsselanhänger interessierten. Mittlerweile schmeckt mir selbst sogar salziges Popcorn so gut wie süßes Popcorn. Der Mangel an Alternativen lässt mich immer amerikanischer werden. 😉
Alaska Day
Der sog. Alaska Day, erinnert an den Tag, an dem Alaska der offiziell 49. Staat der Vereinigten Staaten von Amerika wurde. Die offizielle Übergabe fand am 18.10.1867 in Sitka statt, denn zum damaligen Zeitpunkt war Sitka die Hauptstadt des noch russischen Alaskas. Übrigens war Sitka noch bis 1900 die Hauptstadt von Alaska, danach ging der Regierungssitz nach Juneau. Wegen der großen geschichtlichen Wichtigkeit wird Sitka manchmal auch als Paris des Pazifiks bezeichnet. Der eigentliche Vertragsabschluss für den Kauf von Alaskas für 7.2 Millionen fand bereits im März statt. Deswegen ist dieser Tag in Sitka eine ziemlich große Sache und er wird daher auch mit diversen Paraden, Reenactments, Tanzvorführungen -verteilt über eine Woche- gefeiert.
Als Teil des Alaska Days hatten auch einige Museen und Sehenswürdigkeiten geöffnet. Daher entschloss ich mich in eines der wichtigsten Museen Sitkas zu gehen: das Russian Bishop’s House (Russisches Bischofs Haus). Diese Ausstellung gibt einen tollen Einblick auf die Besetzung Alaskas durch Russland sowie das Leben der Bischöfe und die orthodoxe Geschichte in Alaska im Allgemeinen. Meine persönlichen Erkenntnisse waren dabei, dass Bischof Heiliger Innozenz Bibel Texte in einige aleutische Sprachen wie Tlingit oder Aleuten übersetzt. Teile dieses Wirkens fanden in Dutch Harbor (Aleuten) statt, andere Teile in Sitka. Auch das Gebäude selbst ist sehr interessant, da es aus Sitka Fichte gebaut wurde und dann die Zwischenräume mit russischen Zeitungen isoliert wurden. Das heutige Gebäude ist übrigens eines der letzten orthodoxen Bischofshäuser hier in Nordamerika.
Da Amerikaner Paraden für ihr Leben lieben, war selbstverständlich auch eine Parade der Höhepunkt des Alaska Days. Das Wetter war geradezu Sitka-typisch: Nieselregen, umso bemerkenswert fand ich jedoch, wie viele Leute sich davon nicht abhalten gelassen haben und für richtig gute Stimmung sorgten. Ich fand es ebenfalls wieder einmal sehr beeindruckend, wie viele Leute hier die sogenannten Sitka Sneaker (XtraTuf Boots) getragen haben. Wer mich kennt, weiß, dass ich eigentlich kein all zu großer Fan von Faschingsumzügen bin, da ich dieses Mal die Chance hatte auf dem kleinen Wagen der Universität mitzufahren, war es für mich eine Ehrensache all meine bisherigen Bedenken los zu werden und einfach mitzumachen. Meine Aufgabe war eigentlich denkbar einfach, gemeinsam mit Destony winkten ich den Zuschauern zu, fast wie die Queen aus ihrem Rolls Royce. 😀
Die anderen aus dem UAS Block, verteilten auch kräftig Süßigkeiten an Kinder und Jugendliche, wir hatten allesamt mächtig Spaß. Obwohl die „Kostüme“ es nicht erahnen lassen war unser Motto, die Tribute von Panem. Leider machten uns die knappe Vorbereitungszeit und die langen Amazon Lieferzeiten einen kleinen Strich durch die Rechnung, großen Spaß hat es trotzdem gemacht.
Wer sich einen Eindruck davon verschaffen kann dies hier gerne tun:
Hier noch ein kleines Video von der Parade, mit einem meiner zwei Highlights: den Seattle Firefighters.
Sehr originell war auch dieses Alaska Airlines Maskottchen, das sogar 10% Gutschein für Alaska Airlines Flüge verschenkte.
Nach so viel Feierlichkeit ging ich direkt weiter zur sogenannten „Transfer Ceremony“, dabei handelt es sich im Wesentlichen eigentlich um ein Reenactment, das an den Kauf Alaskas von Russland erinnert. Die Veranstaltung begann erst einmal mit der amerikanischen Hymne gefolgt von einem Gebet. Nachdem die russische Flagge durch eine, Amerikanische ersetzt wurde und alle amerikanischen Bundesstaaten der Reihe nach (mit Alaska und Hawaii am Ende) aufgezählt und mit Schüssen salutiert waren, war der ganze Zauber eigentlich auch schon beendet. Dabei konnte man sehr gut sehen, für welche Staaten das Herz der Bewohner von Sitka schlägt, während es bei Oregon, Kalifornien und Washington noch einige gab die Jubelten, war dies bei Rhode Island oder Montana nicht gerade der Fall.
Unweit von Castle Hill, wo die Übergabe Zeremonie statt fand, liegt das Altenheim namens Pioneer Home, wo es dann weitere Tanzvorführungen, frisch gepressten naturtrüben Apfelsaft und einige ältere Damen -die froh waren, dass sich mal ein junger Deutscher zu ihnen, in einen der elektrisch verstellbaren Fernsehsessel sitzt- gab. Nach einer knapp einstündigen kulturellen Erheiterung bestehend aus Blockflöten-Esembles, Geigen Quartets und einer Tanzvorführung der Kleinsten (ca 4 Jahre), musste ich mich erstmal stärken. Die Tanzvorführung war übrigens echt lustig, da es an jedem Ende einen Tanzlehrerin gab dir vortanzte, leider verwirrte dies die armen Kleinen umso mehr. Im Endeffekt tanzte jeder, was er wollte, ich hatte trotzdem meinen Spaß. Nichts leichter als eine kleine Stärkung, denn die katholische sowie die evangelische Kirche hier im Ort veranstalten einen Chili bzw. Pie (gedeckte Obstkuchen) Verkauf. Beim Chili Verkauf zahlte man einen Flatrate Betrag, danach hatte man die Auswahl zwischen 13 verschieden Chili (Con Carne) Versionen. Wobei das nicht ganz stimmt. Denn einige der Eintöpfe die aus einem sog. Crock Pot (soweit ich es verstanden habe handelt es sich dabei um etwas ähnliches wie ein Thermomix nur ohne Mixer und weniger gehypt) stammen waren hatten z.B. Heilbutt oder Alaska-Rentier als Hauptzutat. Fast besser als das Chili, waren die stolzen Gesichter der älteren Herren und Damen, die jeweils ihr eigenes Chili zur Verkostung ausgaben. Am Ende durfte man sich dann für seinen Favorit entscheiden. Mein Favorit war dann doch eher eine klassische Variante ohne Kraut und Unmengen von Koriander. Amerikaner ersetzten im Übrigen Petersilie sehr gerne durch Koriander, das ganze nennt sich hier cilantro. Was passt besser zu Chili als ein guter amerikanischer Pie!? Genau Nichts. Daher machte ich mich ohne große Verzögerung auf zum Pie Sale, wo ca 15 verschiedene Kuchen zur Auswahl standen, im Endeffekt fiel meine Wahl jedoch auf ein Kürbis Parfait sowie einen klassischen Apple Pie – jeweils mit viel Schlagsahne.
Résumé
Dies war es jedoch auch schon wieder mit meiner Zusammenfassung der vergangenen zweieinhalb Wochen aus dem Norden; der Richtung des Unbekannten in der komplexen Psychologie. Ich bin nach wie vor sehr dankbar darüber, dass ich mein PPP-Auslandsjahr an so einem großartigen Ort im Süd-Osten von Alaska -wie Sitka- verbringen darf. Die vielen kleinen Momente in meinen 80 Tagen hier in den USA machen jeden Tag zu etwas Wundervollem. Manchmal ist es nur, dass man etwas Neues über sich selber lernt, über bestimmte Eigenheiten von Amerikanern lacht oder ein Erfolgserlebnis hat, was es zu etwas Besonderem macht. Das vergangene Wochenende zeigte mir auch, dass die Größe eines Ortes keinen Einfluss auf das kulturelle Angebot haben muss. Mittlerweile habe ich auch das Gefühl, dass mein Englisch sich zunehmend verbessert, besonders mein Alaska/Humanwissenschaften Kurs ist aufgrund der vielen Leseaufgaben und des vielen freien Schreibens eine sehr große Hilfe. Manchmal benutze ich zwar noch fälschlicherweise die britischen Begriffe. Vergangene Woche kam es dabei dicke, als ich vom hair dresser, elevator und trousers in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen sprach. Mein Student Success Cortinator klärte mich nach einem kurzen Lachanfall darüber auf, dass man hier vom barber, lift und pants spricht. Franzi, ebenfalls eine PPP Teilnehmerin hatte in ihrem letzten Blog-Post ein schönes Zitat, dass ich euch nicht vorenthalten will, da ich es kaum hätte besser formulieren können: „In [der] Heimat ist man oftmals in einem Alltagstrott gefangen und wagt den Blick über den Tellerrand nicht. In einem anderen Land, mit einer anderen Sprache und umgeben von Fremden hat man erst einmal keine Komfortzone. Jeden Tag wird man aus dieser Zone gelockt und dazu gezwungen über den Tellerrand hinaus zu schauen. Und das, was man dann sieht, ist überwältigend“. Mein kurz und knackiges Résumé: Mir gehts gut und ich freue mich auf die kommenden Wochen. Falls ihr euch fragt, warum ich die Universität und meine Arbeit nicht erwähnt habe: Beides läuft bestens, jedoch wollte euch nicht mit Fachchinesisch langweilen. 🙂
Über einen kurzen Kommentar zu diesem Beitrag zu meinem Auslandsjahr in Alaska würde ich mich sehr freuen. Dies hilft mir auch immer etwas als Motivation für die nächsten Beiträge. Lasst mich doch bitte wissen was euch interessiert, was ihr gut findet oder was ich besser machen könnte.
Best Grüße
Alex