Nach gefühlt 100 Milliarden Anrufen bei Privatpersonen, Autohändlern, Insurance Companies, 500 Besuchen bei Autohändlern und verschiedenen Staatseinrichtungen, wie der Deutschen Botschaft, dem DMV, bin ich jetzt doch endlich fähig, ein Auto in den USA zu fahren!!!
Mein 2001 Saturn SL2 und ich: eine unendliche Geschichte.
Die Entwicklung im Groben sieht so aus: Recherche zunächst über Craigslist (sowas wie ebay-Kleinanzeigen) Kategorie: Privatpersonen, dann bei Händlern, dann über meine Gastmama und deren Arbeitskollegen, dann über Google bei Händlern in der Nähe. Und nachdem das größte Hinderniss überwunden schien, weil ich das Auto gefunden hatte kam eigentlich der schwierigste Part: Auto nach Hause holen, Führerschein und Versicherung. Denn ohne den Führerschein von Illinois wollte mir keine Versicherung eine „Quote“ also Auskunft über den Preis einer Versicherung geben oder mich eben gar nicht ers nehmen. Ohne Versicherung – kein Autofahren.
Aber erstmal zurück zum Anfang:
Schon kurz nach Ankunft bei meiner Gastfamilie, war für mich klar, dass bald ein Auto her muss. Klingt aber leichter als es ist, vorallem, wenn man, wie ich keine Ahnung hat. In Deutschland hab ich das so einigermaßen auf dem Schirm, aber, da hier ja Liter „miles per gallon“ und gefahrene Kilometer „Mileage“ sind und das alles in einem ganz anderen Kontext steht als es in Deutschland der Fall ist, erleichtert nicht gerade diese Ausnahmesituation in kürzester Zeit ein Auto zu finden um mobil zu werden.
Ich war drei ganze Tag mit Laurel on the Road, um irgendein Auto zu finden, was preislich und qualitativ irgendwie zusammengepasst hat. Ich glaube wir haben über 300 Autos ausgecheckt. Sind mindestens über 6 Carlots gewandert. Gestaltet sich doch schwieriger, wenn man keine Ahnung hat.
Schicksalstag war allerdings Samstag der 15. August. Meine Gastmum und ich machten uns morgens bei sengender Hitze auf den Weg, um uns in einer etwas runtergekommenen Gegend (Crestwood), bei YourChoiceAutoCars ein paar Modelle anzusehen. Die Jungs haben mehrere Shops in der Gegend und schienen im Internet auch eine gute Auswahl zu haben. Als wir hinkamen, waren die Angestellten allerdings eher weniger hilfsbereit und in der Hitze waren Laurels und meine Laune auch schnell bei Null. Die Autos waren heiß, keines sah wirklich nach was aus. Ich hab auch immer gleich die „Vehicle Identification Number“ in eine App eingegeben um zu sehen, wie viele Besitzer das Auto schon hatte, wie viele Meilen damit schon gefahren wurden und und und. Ziemlich praktisch, aber die Nummern sind endlos und man vertippt sich ja doch leicht.
Also wieder runter vom Hof: Ab zum Nächsten. Dort angekommen: Kein Auto unter 5.000 Dollars. Not my pricerange! Händler Nummer 3 hat bestimmt was für uns! Ich muss sagen die Männer dort waren ziemlich nett, allerdings wollten sie mir auch ne Karre andrehen, deren Vorgeschichte nicht vielversprechend aussah mit 4 Besitzern und ständigen Reparaturen.
„Es kann doch nicht schwer sein eine vernünftige Karre für 2500 Dollars zu finden, die mich ein Jahr ohne größere Probleme transportieren kann.“
Mittlerweile hatte ich geistig sogar schon mein Kostenlimit erhöht. Ich hatte gehofft dadurch liese sich leichter etwas finden. An diesem Samstag wollte ich nach einer Woche Suche einfach endlich Erfolg haben.
Unterdessen war das Klima draußen etwas gnädiger und weil wir schon den langen Weg nach Crestwood gekommen waren, fuhren wir nochmal zum Anfang zurück: Your Choice Auto. Dort wurden wir schon mit einem allwissenden Grinsen begrüßt. „Ooooh you’re back!“. … Ja vielleicht. Diesmal hatte er aber einen Autovorschlag für mich, der sich sehen lies: Ein weinroter Saturn, der meinen Ansprüchen gerecht werden sollte. Auch, wenn der Kleine ein eingedrücktes Licht hat und ein paar Dellen, fand ich ihn beim Probefahren nicht schlecht. Auch Laurel schien zufrieden. Und der fremde Mann, der fleißig ein anderes Auto inspizierte und den ich fragte, ob er sich den Saturn mal anschauen wolle, erzählte uns nur gutes über Saturn und seine Erkenntnisse, nachdem er gefühlt alles unter die Lupe genommen hatte.
Der Händler meinte dann, dass er mir das Auto mit dem Titel und den Nummerschildern + Steuern für 2.500 „out the door“ überlassen würde. „JUHU! ENDLICH! Bald kann ich Auto fahren!“ Dass das aber mindestens noch eine Woche dauern würde hatte ich nicht geahnt.
Wir brachten das Auto noch zu einem Mechaniker in der Nähe, um die Grunddinge checken zu lassen. Das würde ich jedem empfehlen, bevor er ein Auto anzahlt oder kauft. Die Händler sind auch meistens einverstanden damit; wenn nicht, wäre auch irgendetwas sehr Faul an dem Deal. Wir brachten das Auto zu Pepboys, und nach einer Stunde Warten und ca. 20 Dollars weniger in der Tasche, brachten wir das Auto wieder zuürck. Der Inspektionsbericht sah einige Reparaturen an den Rädern für ca. 1000 Dollars vor. Das war nicht, was ich mir vorgestellt hatte…
Wir zeigten den Händlern den Schrieb. Ihr Nachbar, der zufällig Mechaniker war… und irgendwie doch mit den Jungs unter einer Decke steckte, bot mir an die Reparaturen bis Dienstag für die Hälfte zu machen. Für 400 Dollars willigte ich ein, machte meine Anzahlung und feierte den Triumpf mit Laurel, Eve und ihrem Freund bei einem Burger im Pub. Zwar zahlte ich jetzt fast 1000 Dollars mehr für das Auto aber es schien, als sei es ein guter Deal.
Weil ich Probleme hatte, mein Geld von meinem deutschen Konto auf mein amerikanisches Konto zu überweisen, hatte ich bis Dienstag leider kein Geld, weshalb ich das Auto nicht abholen konnte. Als ich Mittwochabend mit meinem Gastdad aufbrach, um das Auto abzuholen wurden wir am „Parkplatz“ schon vom Mechaniker aufgehalten. Beim reparieren des Autos ging irgendwas schief, weshalb er jetzt auf ein neues Autoteil warten muss. (Anlauf Nummer 1 gescheitert.) Freitag können wir es holen. Ok alles klar, aber dass da nicht mal jemand anrufen und bescheid geben kann hat mich schon geärgert. Zumal mir der eine der Händler sowieso ständig irgendwelche SMS geschrieben hatte, die ich nicht verstehen konnte, weil er auf Googletranslate die deutsche Übersetzung benutzte.
Also bis Freitag warten. An dem Tag konnte leider keiner mitkommen, um das Auto zu holen. (Mittlerweile ist seit der Anzahlung schon fast eine Woche vergangen) Ich hab mich dann noch per SMS vergewissert, ob das Auto fertig ist. Also Samstag, 22. August, mit Eve und Laurel aufgebrochen für den 2. Anlauf. Leider war Laurel die Tage davor sehr krank und ihr Mann und ich waren uns nicht sicher ob sie fahrne kann. Deswegen bat er Eve und ihren Freund mit mir hinzufahren. Allerdings waren die beiden nicht sehr begeistert früh morgens aufzustehen. Und es stellte sich dann doch heraus, dass Laurel ziemlich tapfer ist. Also war es eine Frauensache. Wir fuhren bald los, weil Eve und ein paar Freunde mit mir um 12 auf das obermegahammergeile Renaissance Festival in der Nähe fahren wollten (in nächsten Beitrag mehr dazu). Als wir beim Autolot ankamen hatten alle anscheinend irgendwas zu tun. Der Saturn weit und breit nicht zu sehen. Ist noch beim Alignmentshop, hieß es. Das Auto die Fahrspur des Autos musste nachjustiert werden. Also warten. Wir fuhren zum nächsten Dunkin Donuts um uns zu stärken und als wir zurückkamen immernoch kein Auto… Es gab einen Fehler. Das Auto ist noch nicht justiert. BAMBAM BAAAAAAM! Ihr könnte euch vorstellen, dass das nicht gerade erfreulich für uns alle war. Und länger warten konnten wir an diesem Samstag wegen dem geplanten Ausflug nicht.
Montagabend war es dann der 3. Versuch und wie heißt es so schön: Alle guten Dinge sind drei!
Mit Jack und Laurel, meinen Gasteltern in der Tasche konnten wir dann das Auto abholen, die vorläufigen Nummernschilder wurden drangemacht, der Titel wird mit Post zugeschickt und wegen der Unannehmlichkeiten bekamen wir Sprit für 20 Dollar reingetankt. Ich war richtig wütend und echt nicht mehr zu spaßen aufgelegt, aber letztendlich war die Odyssee eine Megaerfahrung und während der Autfahrten hatte ich stets gute Gespräche mit meiner Gastfamilie. Laurel meinte auch, dass sie jetzt alles über Autos weiß und sich so erfahren fühle, wie nie. Süß! 😀
(Böser Mann und ich bei Verhandlungen über Entschädigung! Der rechte hat mir immer die SMS geschrieben.)
Und nachdem mich dann gestern endlich das richtige DS-2019, ein Formular auf dem unbedingt die Illinois-Adresse stehen muss, erreicht hatte, konnte ich auch meinen Führerschein holen. Der erste Versuch mit dem DS-2019 sah so aus:
Danke Eve, dass du mich immer so tapfer ins College gefahren hast und mit mir die Drivers License geholt hast. Achja! Dort wurde ich auch zum ersten Mal als „Kraut“ bezeichnet… und die Papiere wurden unnötigerweise drei Mal gecheckt. Überhaupt war es eine sehr nervenaufreibende Geschichte und ich danke meiner Gastfamilie unendlich, dass sie mich so gut unterstütz hat. Gerade (Freitag, 28. August) warte ich noch auf einen Autoversicherungsvertreter, der mir ein Angebot machen wollte und dann kann ich auch schon mit meinem „Babe“ die Straßen erkunden!
Achja ganz vergessen: Als Dankeschön für die Mühen und um ein bisschen deutsches Essen in die Küche zu bringen, hab ich dann noch Apfelstrudel, wie ihn Mama macht, gekocht. Laurel war so begeistert! Sie hat die ganze Backstunde über aufmerksam zugeschaut und ganz viel gefragt. Ich selbst war echt erstaunt, wie gut alles ging und, dass er am Ende wirklich wie in Thurndorf geschmeckt hat!
Deutschland vs. USA Version von Apfelstrudel.
Geplant ist für heute ein Besuch in Chicago: Veganes amerikanisches Diner und vielleicht ein Museumsbesuch!
College ist soweit super gut! Meistens sehr geniale Professoren, die ersten Tage gab es immer Essen umsonst und irgendwelche Karaokeparties oder ähnliches am Campus. Wird vermutlich viel Arbeit geben, aber ich bin sehr gespannt!!
Meine Lektionen für das Kapitel Autokauf:
1. Es kommt doch immer anders als gedacht.
2. Autohändler in Amerika sind meistens aus der östlichen Hemisphäre.
3. Auf Craigslist versuchen Privatpersonen meistens ihren Mühl etwas überteuert loszuwerden.
4. Grundsätzlich wollen sie ihr Auto nicht bei sich zu Hause, sondern an einem öffentlichen Platz vorzeigen.
Kleine Anekdote: Ich hatte einen supercoolen Beatle in dunkelblau gleich um die Ecke gefunden, bin mit meinem Gastdad hingefahren und tadaaaa… D: in Wirklichkeit sah das Teil nicht ansatzweise so aus, wie auf der Webseite. Meiner Meinung nach ein Überbleibsel eines verheerenden Unfalls. Die Scheiben waren schon heruntergelassen und sobald wir uns ins Auto setzten und losfuhren wussten wir auch weshalb. Es fing an seltsam zu riechen, irgendwo aus der Lüftung kamen komische Geräusche und ein elektronischer Dauerton umrahmte die Probefahrt. Nicht ansatzweise 2.500 Dollars wert.
Nachdem ich dann noch einen Toyota mit meiner Gastmama angeschaut habe, wusste ich, dass das nicht so weitergehen konnte. Der Preis war viel zu hoch und runterhandeln lies sich die Person auch nicht. Zumal es nicht das eigene Auto war und wir uns irgendwo im Nirgendwo zum Auto anschauen getroffen hatten.
5. Mit dem Budget für ein Auto doch etwas flexibel sein.
Tipp für die nächsten PPPler in Illinois:
Es ist wichtig, dass in euer DS-2019 die Addresse von Illinois, der Endplatzierung eingetragen wird, sonst könnt ihr, wie ich und 6(?) andere fast 4 Wochen warten, bis ihr euren Führerschein in der Tasche habt. Von dem her: Cultural Vistas gleich mal auf die Füße treten und dranbleiben.