Als ich vor ein paar Tagen mit meiner Mum telefoniert habe meinte sie auf mein drängen, sie soll sich doch auch endlich mal Facebook zulegen, weil da Fotos schneller mal landen: „Wieso? Wenn du mich brauchst meldest du dich schon! Meldest du dich nicht, weiß ich das es dir einfach zu gut geht und du nur unterwegs bist und deswegen keine Zeit hast um dich mal zu melden!“
Tja, wenn ich mir meinen Blog so anschaue hat sie recht. Mein letzter Beitrag war über ein Ereignis Mitte September. Nun haben wir Mitte Oktober. Ich sollte wirklich einmal anfangen ein wenig mehr Normalität und Struktur in meinen Tagesablauf zu bringen. Das mit Normalität wird schwierig, Struktur sollte funktionieren. Struktur ist nämlich momentan das Hauptproblem. Täglich klingelt der Wecker zu einer anderen Zeit und Termine sind einfach nur wild irgendwie in den Kalender gewürfelt. Ich glaube aber für Las Vegas über Silvester sollte ich lieber anders das Würfeln üben…
Für die nächsten Wochenende bin ich viel am Planen. Ein Teil meiner Familie (Meine Ma Sabine, mein Stiefdad Uli und mein kleiner Bruder Max) wird mich besuchen, Dejan kommt von Colorado und Chris kommt von Kansas zu mir nach Binghamton. Für mich sind also Ausflüge zu den Niagara Fällen und nach New York City (NYC) geplant. Trips nach San Diego etc. sind momentan noch in Planung. Wenn es soweit ist folgen hoffentlich zeitnah Berichte hierüber.
Nun zu dem was so in den letzten Wochen alles passiert ist:
Seit ein paar Wochen bin ich Donnerstags immer mit den anderen internationalen Studenten aus Colombia (Kolumbien) und Mexico beim Schlittschuhlaufen. Wie ich glaube ich schon einmal erwähnt habe sind Schulen in den USA anders als die in Deutschland. Also ja, wir haben eine Halle zum Schlittschuhlaufen am College Campus. Wir sind alle ziemlich miserabel auf dem Eis. Für ein paar meiner „Colombianer“ war es das erste Mal, das sie überhaupt auf dem Eis waren. Aber wir haben unseren Spaß dabei.
Mein letzter Beitrag war über das Oktoberfest in Cincinnati. Als ich wieder daheim in Binghamton war habe ich erfahren: Binghamton wird dieses Jahr zum ersten Mal auch ein Oktoberfest veranstalten. Dreimal darf man Raten, wer sich natürlich daran beteiligt hat…!!! Sobald ich von dem geplanten Fest gehört habe, habe ich dem Veranstalter, der Gaststätte „Social on State“ mal einen Besuch abgestattet. „Hey, I´m Franzi from Germany! I´m from near Munich, the Oktoberfest-City! You´re doing an Oktoberfest…do you NEED my help?“ Dieses mal war es dann ein leider etwas verregnetes aber dafür mehr „bayerisches“ Fest. Kein Chicken-Dance oder ein Dackelrennen, dafür aber „ein Prosit“ und Maßkrugstemmen. Brezn die gebacken und nicht frittiert waren und keine Sauerkraut-Frühlingsrollen. Und es gab deutsches Bier. Zwar war es nur Paulaner und Hofbräu, aber das ist ja immerhin etwas (sorry, aber ich bin definitiv n Augustiner-/Andechser-/Tegernseer-Girl)! Nur das mit dem welches Glas für welches Bier muss ich noch mit den Amerikanern üben. Denn das Weißbier nicht in einen Miniaturmaßkrug gehört oder aus der Flasche getrunken wird hat man den Leuten hier anscheinend noch nicht beigebracht. Auch das auf ein guten Bier eine schöne Schaumkrone gehört ist etwas was nicht zum amerikanischen Bier-Alphabet gehört. Aber das Bring ich den Leuten hier in Binghamton hoffentlich noch bis Mitte nächsten Jahres bei. Die Trinkregeln mit dem sich in die Augen sehen beim Anstoßen, dem „Prost“ und dem nicht über Kreuz zu gehen klappt schon einigermaßen.
Anschließend war ich noch auf dem „Binghamton Pride Coalition Fundraiser Spagetti Dinner“. Meine Hostmum Candace half bei dem Dinner. Also bin ich, immer noch im Dirndl vom Oktoberfest, zusammen mit Michael (Colombia) und Thaylor (Venezuela) zum Spagetti Essen gegangen. Anschließend ging es zusammen mit Leuten die wir bei dem Essen kennen gelernt haben in eine Gasbar in Binghamton.
Irgendwann in dieser Zeit war noch der Blutmond. Diesen habe ich mir zusammen mit meiner Familie Jim, Candace, Sammy und Bobbin vom Garten aus angeschaut. Es war wirklich faszinierend.
Wie ich bereits berichtet habe arbeite ich für STAP (Southern Tier Aids Program) ehrenamtlich. Für mich verantwortlich ist Jackie. Am 2. Oktober habe ich für sie und mit ihr Fotos von einer Kunstausstellung gemacht. In dieser Ausstellung wurden Bilder ausgestellt, die alle von Gefangen gezeichnet wurden. Zweck des Verkaufs der Bilder und der Ausstellung war es, Gelder für Hilfsprogramme für Gefängnisinsassen, zu sammeln.
Wie ja bereits erwähnt versuche ich momentan ein wenig mehr Struktur in meinen Alltag hier zu bringen. Ein neues Ritual dabei: „Internationales Dinner“ (fast) jeden Freitag. Venezuela, vertreten durch Thaylor und Juan Carlos, hat unsere Gruppe von internationalen Studenten bereits zwei mal bekocht. Ich kam also in den Genuss von Arepas und Cachapas. Ich war auch schon an der Reihe und habe Schweinebraten und Kaiserschmarrn für die ganze Truppe gemacht. An den nächsten Freitagen folgen dann Gerichte aus Colombia, Mexiko, China und dem Kongo.
Mittwoch Abends sind Candace und ich immer beim Tap- und Jazzdance. Wir haben viel Spaß in unserer Tanzgruppe. Letzte Woche sind wir dann Abends gemeinsam in das Theater gegangen um uns „42nd Street“, eine Tapdance-show, anzusehen. Überwältigend kann ich dazu nur sagen.
Mittlerweile komme ich mehr rum, da nun Besitzerin eines Autos bin. Ich kann einen blauen Mitsubishi mein Eigen nennen. Hoffen wir mal das mir dieses Auto für das Jahr ein treuer und zuverlässiger Begleiter ist. Und der hoffentlich nicht (shame on you VW!!!) manipuliert ist. Ein weiterer Unterschied zwischen Autos in den U.S. und Deutschland: Die Autos in den U.S. fallen zwar halb auseinander und sind komplett rostig, sie sind aber teilweise umweltfreundlicher von den Emissionen her als die gepflegten in Deutschland. #gelernt
Auch hier in Binghamton hat die dritte Jahreszeit, der Herbst, nun angefangen. Es ist wunderschön. All diese Farben. Upstate New York hat generell sehr viele Hügel, die dicht mit Laubbäumen bewachsen sind. Momentan strahlen diese Hügel in allen Farben von einem grellen Gelb bis hin zu einem Satten Rot. Ich kenne generell die Herbstfarben von Deutschland, aber das hier ist dennoch anders. Wer es noch nie gesehen hat sollte das definitiv einmal in Erwägung ziehen. Es ist wunderschön.
College in den U.S. ist anders als eine Schule in Deutschland (ich wiederhole mich irgendwie…). Hier gibt es für alles einen „Club“, also eine Vereinigung von Studenten. Man nehme den Fakt das es am SUNY Broome Community College viele Internationale Studenten gibt und die liebe der Amerikaner zu „Clubs“ und heraus kommt die Internationale Studenten Organisation (ISO). Was beinhaltet es, Mitglied in diesem Club zu sein? Wir treffen uns immer einmal die Woche, organisieren gemeinsame Ausflüge und versuchen den Menschen unserer Kulturen näher zu bringen indem wir unsere traditionellen Speisen etc. präsentieren und damit auch ein wenig Geld für unsere Ausflüge sammeln. Unser erster Ausflug war am Columbus-Day und ging nach New York City für die Columbus-Day-Parade. Womit wir gleich bei einem weiteren Hobby der Amerikaner wären: Paraden. Es gibt Paraden für so gut wie alles! Wir hatten also einen schönen gemeinsamen Tag in NYC, indem wir uns die Parade angesehen haben, wir waren auf dem One Word Observatory (also den Freedom-Tower/New One World Trade Center), sind mit der Staten Island Ferry gefahren, waren an der Wall Street etc.
Ich habe mittlerweile auch meine Fortbildung um als Tutor arbeiten zu dürfen. Demnächst werde ich Schüler bekommen, denen ich Nachhilfe in Deutsch geben darf.
So, nun glaube ich müsste mein Blog so grob wieder auf dem aktuellen Stand sein und alle größeren Ereignisse müssten erwähnt worden sein. Das Jahr beinhaltet aber so viel mehr. Oft sind es die kleinen und leisen Momente die dieses Jahr so wundervoll machen. Es fühlt sich richtig an, hier zu sein und ich möchte keinen Moment der letzten Monate missen denn ich habe bereits so viel gelernt. Es ist schwer zu beschreiben was das Leben im Ausland so lebenswert macht. Man lernt sehr viel über sich und über das Leben, was für Leute die diese Erfahrungen nicht machen konnten vielleicht schwer nachvollziehbar ist. In er Heimat ist man oftmals in einem Alltagstrott gefangen und wagt den Blick über den Tellerrand nicht. In einem anderen Land, mit einer anderen Sprache und umgeben von Fremden hat man erst einmal keine Komfortzone. Jeden Tag wird man aus dieser Zone gelockt und dazu gezwungen über den Tellerrand hinaus zu schauen. Und das was man dann sieht ist überwältigend. Man lernt erst dann, was einem in der Heimat entgangen ist. Erst dann wird einem klar, das die Menschen die einen umgeben das Leben so lebenswert machen. Man sieht die Farben im Herbst, man sieht die verschiedenen Kulturen, Sprachen, Charaktere und Lebensstile. Man läuft einfach mit offenen Augen durchs Leben und das was einem dadurch offenbart wird füllt einen wirklich aus. Man hat das Gefühl zu Leben, mit jedem Atemzug und mit jeder Faser des Körpers. Wenn man mich fragt wie es mir geht kann ich wirklich von ganzem Herzen antworten, das es mir sehr gut geht. Fragt man mich was ich gelernt habe: Ich habe gelernt zu Leben und jeden Moment zu genießen, sowie aus jedem Moment das Beste zu machen.